Meine 3 plus 1 für eine gelun­gene Probezeit!

Wie viele andere Hobby­gärt­ne­rinnen suche im Herbst gern nach neuen Pflanzen, die später gern mit herrli­cher Blüten­pracht meinen kleinen Garten zieren sollen. In freudiger Erwar­tung suche ich einen geeig­neten Platz dafür und bereite alles für das Einpflanzen vor. Ich hebe das Erdloch für den Wurzel­ballen aus, wässere es, reichere die vorhan­dene Erde mit Dünger oder Kompost an und setze die Pflanze an ihren ausge­wählten Platz.

Die nächsten Wochen sind geprägt von Hegen und Pflegen und im nächsten Frühjahr zeigt sich, ob es mir geglückt ist und die Pflanze gut angewachsen ist. Und im Sommer kann ich mich vielleicht an der gewünschten Blüten­pracht erfreuen.

Das hat sehr viel mit dem Ausbil­dungs­be­ginn neuer Auszu­bil­dender gemein. Vieles haben die Betriebe vorbe­reitet und die Freude auf die angehenden Fachkräfte ist groß. Damit die jungen Auszu­bil­denden später ihre volle Blüte entfalten, geht es nicht ohne geeig­nete (Pflanz-)Maßnahmen.

Die Zeit der Prüfung, ob die Pflanze anwächst und Blüten trägt, nennt das Berufs­bil­dungs­ge­setz (BBiG) „Probe­zeit“. Laut BBiG § 20 dient die Probe­zeit für Auszu­bil­dende für sich zu entscheiden, ob sie die richtige Berufs­wahl getroffen haben und für Betriebe als Möglich­keit zu prüfen, ob Auszu­bil­dende in den Betrieb passen bzw. für den Beruf geeignet sind.

Im Grunde ein einfa­cher Vorgang, der in der Regel zur Zufrie­den­heit beider Parteien mit dem Bestehen der Probe­zeit gekrönt wird. So war die Berufs­wahl meist bereits der Wunsch­beruf und die erfor­der­li­chen fachli­chen und sozialen Kompe­tenzen der angehenden Auszu­bil­denden wurden im Rahmen eines Auswahl­ver­fah­rens weitge­hend in Augen­schein genommen.

Leider scheinen Wunsch­beruf und richtige Azubi-Auswahl nicht immer auf frucht­baren Boden zu fallen. Immerhin 32,1 % wurden in 2020 bereits in der Probe­zeit Ausbil­dungs­ver­träge vorzeitig gelöst. Die Zahl ist, trotz der Pandemie und der daraus resul­tie­renden Einschrän­kungen für viele Betriebe, im Vergleich zu den Vorjahren zum Glück leicht rückläufig.

Doch verste­cken sich hinter den 30 % oder mehr scheinbar über 100.000 Fehlent­schei­dungen und hohe Kosten.

Was liegt da näher, als die Probe­zeit für beide Seiten erfolg­rei­cher zu gestalten, damit ein größerer Teil der gewor­benen Fachkräfte von morgen den Betrieben erhalten bleiben?

Neben den fachli­chen Vorbe­rei­tungen und Maßnahmen stellen für die in die Ausbildung mündende Genera­tion die Betreuung und Feedback wichtige Werte dar. Sie wünschen sich soziale Integra­tion und wertschät­zende Rückmel­dung zu ihrer Person. Denn hinter der flapsigen und scheinbar desin­ter­es­sierten Art der jungen Leute versteckt sich mitunter ein ziemlich verun­si­cherter Mensch.

Reichern Sie Ihre Ausbil­dungs­praxis mit den folgenden Wirkungs­fel­dern an, unter­stützen Sie die positive Entwick­lung der Auszu­bil­denden, behalten Sie alles im Blick, setzen Sie zeitnah geeig­nete Inter­ven­tionen ein und verhin­dern Sie unnötige Ausbildungsabbrüche.

Schaffen Sie eine regel­mä­ßige und wertschät­zende Feedbackkultur

Der erste Tag ist meist geprägt von Organi­sa­to­ri­schem. Es werden Regeln erklärt, eine Führung durch den Betrieb und die Mitarbeiter:innen vorge­stellt. Dann folgt die erste kleine Einwei­sung am Arbeits­platz und je nach Betrieb können die Auszu­bil­denden ihre ersten Aufgaben übernehmen.

Viele Betriebe haben einen Willkom­menstag oder ‑tage einge­richtet und gestalten den Einstieg für die Auszu­bil­denden spannend und informativ.

Es bewährt sich am Ende des Tages eine kleine Feedback­runde einzu­richten, um die allge­meine Stimmungs­lage einzuholen.

Am nächsten Tag heißt es für viele Auszu­bil­dende „Erste Schritte im künftigen Arbeits­be­reich“. Und damit endet meist das Thema Feedback. Die Arbeit holt die Ausbilder:innen ein und wenig Zeit bleibt für den direkten Austausch.

Ich empfehle in der ersten Zeit zumin­dest am Ende des Arbeits­tages bzw. ‑woche gemeinsam mit den Auszu­bil­denden einen kurzen Rückblick auf die vergan­genen Stunden/Tage zu machen und zur Rückmel­dung anzuregen. Damit schaffen wir Vertrauen, dass Feedback gewünscht ist und die Kommu­ni­ka­tion wird positiv geprägt. Im Rahmen dieser kleinen Teammee­tings können Fragen und Probleme aufge­griffen und unter Umständen sofort geklärt werden.

Setzen Sie sich darüber hinaus feste Termine, um in ein Rückmel­de­ge­spräch mit jedem Auszu­bil­denden einzeln zu gehen. Folgende Zeiten während der Probe­zeit haben sich in meiner Ausbil­dungs­praxis bewährt:

  • am Ende des ersten Monats
  • nach 2 bis 2,5 Monaten
  • nach 3,5 Monaten zum Probezeitende

Schaffen Sie eine vertrau­ens­volle und leichte Gesprächs­at­mo­sphäre. Es geht nicht darum, harte Fakten auf den Tisch zu legen und vernich­tende Kritik zu üben. Sie geben und erhalten ein Stimmungs­bild und können Anregungen geben.

Die Auszu­bil­denden lernen selbst eine Rückmel­dung zu geben, sie lernen ihre „Leistungen“ einzu­schätzen und erhalten von Ihnen positive Unter­stüt­zung. Übrigens ein geeig­neter Zeitpunkt für Lob.

Fragen und hören Sie Ihren Auszu­bil­denden zu

Wenn neue Kolleg:innen in das Unter­nehmen kommen, sind wir neugierig, welche Themen die neue Kollegin oder den neuen Kollegen interessieren/beschäftigen. Wir bieten Unter­stüt­zung an und halten gern einen Plausch in der Kaffeeküche.

Bei Auszu­bil­denden passiert das seltener. Wir wissen wenig über sie und fragen nicht aktiv nach und ihre Einstel­lungen sind und bleiben uns fremd.

Im Gegenzug haben die Auszu­bil­denden keine Chance etwas von Ihnen zu erfahren, was zu mehr gegen­sei­tigem Verständnis führen kann. Auch Sie werden von Ihren Werten geprägt, die Ihre Arbeit und Inter­ak­tionen mit anderen nachhaltig beein­flussen. Gewähren Sie einen Einblick in das was Sie ausmacht und inter­es­siert. Selbst­ver­ständ­lich alles im Rahmen einer wohlwol­lenden Arbeitsbeziehung.

In Azubi-Gesprä­chen habe ich durch die Erzäh­lungen über Hobbies erfahren, wie gern sie sozial in eine Gemein­schaft einge­bunden sind und wie engagiert sie sich in private Projekte einbringen. Das sind Persön­lich­keits­merk­male, an die in der Ausbildung angeknüpft werden kann und Motiva­tion und Leistung gestei­gert werden.

Zudem fühlen sich die Auszu­bil­denden bei ehrli­chem Inter­esse gesehen und speichern diese Gespräche auf dem Haben-Konto für die Ausbildung. Dieser Klebe­ef­fekt ist nicht zu unterschätzen.

Geben Sie sich und den Auszu­bil­denden die Chance, sich besser kennenzulernen.

 

Kommu­ni­zieren und klären Sie Erwartungen

Zu den Aufgaben von Ausbilder:in gehört die Defini­tion der Feinlern­ziele und ein aussa­ge­kräf­tiger Überblick, ob diese von den Auszu­bil­denden in den verschie­denen Phasen der Ausbildung erreicht wurden.

Diese Erwar­tungen werden grund­sätz­lich durch die Ausbil­dungs­ord­nung und zusätz­lich durch die betrieb­li­chen Belange definiert. Im besten Fall wird den Auszu­bil­denden ein Ausbil­dungs­plan mit Lernzielen zu Beginn der Ausbildung übergeben und klärt damit die inhalt­liche Erwar­tung an die Fähig­keiten, Fertig­keiten und Kennt­nisse je nach Ausbil­dungs­phase. Wichtig aber nicht die wichtigste Kompo­nente gegen den Ausbildungsabbruch.

Denn neben den betrieb­li­chen Regeln, gibt es Erwar­tungen an die Auszu­bil­denden, die auf eigene Werte der Ausbilder:innen, Vorge­setzten etc. basieren und nicht immer bzw. viel zu spät kommu­ni­ziert werden.

Auszu­bil­dende sollen:

  • Einsatz zeigen
  • bei Fragen, fragen
  • persön­liche Befind­lich­keiten hintenanstellen
  • zuver­lässig sein
  • Ausbildung im Fokus haben
  • sich an wichtige Vorgaben halten
  • Anstands­re­geln beherrschen
  • motiviert sein
  • selbst­ständig nach neuen Aufgaben fragen
  • und, und, und

Haben Sie hier die eine oder andere eigene, vielleicht überhöhte, Erwar­tung entdeckt? Machen Sie sich nichts draus. Wir sind nur Menschen, die eine ganz persön­liche Sicht der Dinge haben. Manchmal können wir nicht aus der eigenen Haut und setzen in unser Gegen­über die gleichen hohen Erwar­tungen, wie in uns selbst.

Im Grunde ist es Ihnen sicher klar, dass Auszu­bil­dende diese Erwar­tungen zu Beginn der Ausbildung oft nicht erfüllen können. Es ist ein Lernpro­zess, der mit dem ersten Tag der Ausbildung beginnt und meist erst nach der Ausbildung wirklich endet.

Benennen Sie Ihre Erwar­tungen und unter­stützen Sie Ihre Auszu­bil­denden dabei, den für sie richtigen Weg zu finden.

Die Erwar­tungs­klä­rung ist keine Einbahn­straße. Fragen Sie Ihre Auszu­bil­denden nach deren Erwar­tungen an die Ausbildung, an Arbeit im Allge­meinen, an persön­liche Entwick­lungs­mög­lich­keiten und schaffen Sie damit eine Gesprächs­grund­lage und einen Abgleich. Sie können und dürfen im positiven Sinne mit den Infor­ma­tionen arbeiten. Mögli­cher­weise müssen beide an dieser Stelle auch erkennen, dass der einge­schla­gene Weg nicht das gewünschte Ergebnis bringen kann.

Im Ideal­fall schafft dieses Vorgehen aller­dings Klarheit und eine bewusste Entschei­dung für die Ausbildung.

 

Plus 1 — Schaffen Sie (Ver-)Bindungen

Ich möchte Sie zur Bildung einer Peergroup unter den Auszu­bil­denden anregen. Sind in Ihrem Betrieb mehrere Auszu­bil­dende in verschie­denen Berufs­bil­dern und Ausbil­dungs­jahr­gängen bietet sich die Peergroup an.

Dabei geht es nicht um die 1:1 Beglei­tung unter Auszu­bil­denden, sondern um den positiven Einsatz der Gruppen­dy­namik mit den unter­schied­li­chen Entwick­lungs­ständen der Auszubildenden.

Die Auszu­bil­denden werden zu einem Treffen einge­laden. Diese Treffen werden dauer­haft über die gesamte Ausbil­dungs­zeit imple­men­tiert. Nach einer festge­legten Struktur wird in diesen Treffen Raum zum Austausch und gegen­sei­tiger Beratung geschaffen.

Idealer­weise finden diese Treffen regel­mäßig im Abstand von 4 bis 8 Wochen mit einer Dauer von ca. 2 Stunden statt. Die Dauer orien­tiert sich nach der Gesamt­zahl der Auszu­bil­denden (ideal 6 Personen), pro Azubi ca. 20 Minuten. Auszu­bil­dende berichten von ihren Lernerfolgen der vergan­genen Wochen, berichten von ihren Heraus­for­de­rungen, wie sie diese erfolg­reich bewäl­tigt haben und an welcher Stelle sie Unter­stüt­zung benötigen. Danach steuern die anderen Teilnehmer:innen der Peergroup mögliche Lösungs­an­sätze aus ihrer Sicht bei. Als letzten Punkt legen die berich­tenden Azubis ihre Ziele bzw. Lernauf­gaben der kommenden Wochen fest.

Alles wird im Rahmen der Gruppe dokumen­tiert und zum nächsten Treffen mitge­bracht. Beim nächsten Treffen kommt die gleiche Vorge­hens­weise zum Einsatz.

Sie schaffen mit der Azubi-Peergroup ein wirkungs­volles Instru­ment, welches die Lösungs- und Zielori­en­tie­rung Ihrer Auszu­bil­denden fördert. Sie fördern die Persönlich­keits­ent­wicklung der Azubis und schaffen belast­bare Verbin­dungen inner­halb des Unternehmens.

Gern stehe ich Ihnen mit meiner Erfah­rung zur Instal­la­tion einer Peergroup mit Rat und Tat zur Seite.

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