7:55 Uhr an einem Montagmorgen in Berlin. Felix steht vor dem Eingang der Tischlerei und ist ziemlich aufgeregt. Heute ist sein erster Praktikumstag.
Felix besucht die 9. Klasse und hat, wie viele andere Schüler:innen auch, lange nach einem Praktikumsplatz gesucht. Das war nicht einfach. Die meisten Betriebe haben gleich abgesagt. Diesen Platz hat er nur gefunden, weil sein Onkel Stammkunde der Tischlerei ist. Umso mehr freut er sich darauf, dass er jetzt drei Wochen lang viel Neues lernen darf. Holzarbeiten machen ihm viel Freude und er hat schon einige schöne Dinge selbst angefertigt. Daher will er sich ausprobieren, ob das vielleicht die richtige Ausbildung für ihn ist.
Ein schöner Start
In der Werkstatt angekommen, wird er vom Meister und den beiden Gesellen freundlich begrüßt. Er bekommt eine kleine Führung und sogar ein T‑Shirt mit Firmenaufdruck für die Arbeit. So sieht er jetzt fast wie einer von ihnen aus.
Felix soll erstmal nur zuschauen. Die Bedienung der Maschinen und Werkzeuge ist nicht ungefährlich. Daher muss er genau aufpassen, wo er steht und was er in die Hände nimmt. Schließlich will niemand, dass ihm am Ende aufgrund unsachgemäßer Nutzung ein Finger fehlt.
Der Meister und die Gesellen haben wirklich viel zu tun und wenig Zeit ihm etwas zu erklären. So geht der Tag und Felix schaut viel zu. Nach 6 Stunden ist dann endlich Feierabend. Felix ist ganz geschafft, vom Nichtstun. Zu Hause berichtet er: „War ganz nett. Haben alle viel zu tun. Hab’ heute viel zugesehen.“
Das geht die nächsten Tage so weiter. Am letzten Tag der Woche verspätet er sich und der Meister ist nicht gerade erfreut. „Kommt gar nicht gut an. Wenn du später in der Ausbildung bist, dann geht das gar nicht.“ Das sitzt und Felix will sich auf keinen Fall mehr verspäten. Denkt sich jedoch: „Wenn ich eh nicht zu tun habe, was mache ich dann überhaupt hier? Mir ist langweilig. Außerdem muss ich für die Schule diesen Praktikumsbericht schreiben und was schreibe ich da rein? Alle anderen haben bestimmt viel zu erzählen.“
So oder so ähnlich läuft es vielfach in Praktika ab. Im Grund kann man niemanden einen Vorwurf machen. Die Mitarbeiter:innen sind teilweise chronisch überlastet und sollen zudem Praktikant:innen betreuen und die Schüler:innen haben eine hohe Erwartung an das Praktikum.
Auf beiden Seiten entsteht Frust und zeigt sich in unterschiedlichen Verhaltensweisen.
Schüler:innen zeigen täglich weniger Interesse, stehen nur rum, reden wenig bis gar nicht, verspäten sich häufiger oder melden sich krank.
Mitarbeiter:innen sind genervt, verstehen das Verhalten der Praktikant:innen nicht und lehnen in Zukunft jede Praktikumsbetreuung dankend ab. Verständlich.
Es gibt keine Wundermittel und manchmal läuft es nicht optimal. Doch gibt es ein paar Stellschrauben, die diese Erfahrung für beide Seiten angenehmer gestalten.
Gut vorbereitet, spart Zeit und Nerven
Eine dokumentierte Vorbereitung kann immer wieder zum Einsatz kommen und berücksichtigt dabei sogar Besonderheiten, die im Vorfeld nicht geplant werden können.
In meinen nächsten Beiträgen gebe ich Ihnen Empfehlungen und Vorlagen, mir denen Sie den einen eigenen immer wieder nutzbaren Leitfaden für das perfekte Schülerpraktikum entwickeln können.
Einmal vorbereitet
- sparen Sie viel Zeit
- schonen die eigenen Nerven und die Ihrer Mitarbeiter:innen
- entlasten Ihre Mitarbeiter:innen in der Betreuung
- schaffen Sie für beide Seiten nachvollziehbare Ergebnisse
- fördern Sie Motivation und Interesse
- investieren Sie nachhaltig in Ihre Nachwuchssuche
Heute geht es darum, sinnvolle Aufgaben für die Schülerpraktikant:innen in Ihrem Betrieb zu identifizieren und für die spannende und interessante Aufgabengestaltung zu nutzen.
Was eignet sich eigentlich und wo finde ich das?
Denken Sie an die wiederholt vorkommenden Aufgaben im Betrieb. Was sind die Hauptthemen, die täglich anfallen?
Hier ein Beispiel: Es handelt sich um einen Glasereifachbetrieb, der auf Kundenwunsch Reparaturen an einem Fensterflügel vornimmt.
Ist der Prozess erst einmal gefunden, sind die Aufgaben nicht mehr weit!
Im Grunde können Sie auf Basis dieser Prozessbeschreibung anfangen, Inhalte und Aufgaben festzulegen.
Nehmen wir aus unserem Beispiel die Entgegennahme des Auftrags
Nutzen Sie das richtige Ausfüllen des Auftrages als Lernziel. Sicher müssen Schüler dieses unbekannte Objekt erstmal kennenlernen. Und das geschieht durch Beobachten und Ausprobieren. Die Praktikant:innen stehen zu Beginn an der Seite der Betreuer:in und schauen zu. Bekommen eigene Aufträge zum Beschreiben und um sich dort Notizen machen. Nach einigen Aufträgen kann der Betreuer/die Betreuerin durch das Kundengespräch führen und die Praktikanten füllen den Auftrag aus. Nach etwas Zeit ist der Praktikant/die Praktikantin bereits selbstständig in der Lage den Auftrag richtig auszufüllen. Der/die Betreuer:in überprüft und gibt Feedback.
- Ein fertig ausgefüllter Auftrag ist super für die Praktikumsmappe geeignet.
- Das Erfolgserlebnis ist die perfekte Motivation
Wird bei der Auftragsaufnahme ein Programm genutzt, dann zeigen Sie die Eingaben zuerst und lassen den Prozess vom Azubi schriftlich dokumentieren. Er schreibt sich praktisch eine eigene Bedienungsanleitung.
In einer ruhigen Minute können vielleicht Testaufträge in das System eingegeben werden.
Diese Aufgabengestatlung machen Sie nun auch mit den anderen Prozesschritten.
Ich kann Ihnen diese Übung nur empfehlen, insbesondere dann, wenn Sie aktiv ausbilden.
Dies ist der Grundpfeiler der prozessorientierten Ausbildung, die angehenden Fachkräften nicht nur einen guten Einblick bietet, sondern neben der Fachkompetenz die Methoden- und Personalkompetenz im hohen Maße fördert.
In meinem nächsten Beitrag gebe ich Ihnen Hilfsmittel an die Hand, die Planung in ein für Ihren Betrieb passendes Format zu bringen.
Das dauert Ihnen zu lange, Sie wollen das nicht selbst durcharbeiten oder Sie wünschen sich früher aktive Unterstützung? Dann nutzen Sie die Gelegenheit für ein kostenloses Erstgespräch mit mir.
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